Publikation
Dieses Buch untersucht die musikalische Aufführungspraxis des Stummfilms im Deutschland der 1920er Jahre und beleuchtet die frühen Versuche einer Theorie und Ästhetik der Filmmusik. Ausgangspunkt der Studie ist das „Allgemeine Handbuch der Film-Musik“ aus dem Jahr 1927. Dabei wird die Genese filmmusikalischer Konventionen ebenso erforscht wie die Durchdringung musikästhetischer Traditionen in der theoretischen Auseinandersetzung mit Filmmusik.
Zu Zeiten des Stummfilms wurden die Vorführungen in unterschiedlicher instrumentaler Besetzung live begleitet. Eine individuelle Begleitmusik für die jeweiligen Filme gab es kaum – wie etwa die Komposition von Camille Saint-Saëns zu L‘Assassinat du duc de Guise (1908) oder Gottfried Huppertzs Metropolis-Musik von 1927. Die Musikillustratoren mussten in der Lage sein, sich auf unterschiedliche Filme schnell einzustellen. Hilfreich war dabei das „Allgemeinen Handbuch der Film-Musik“, das 1927 von Hans Erdmann, Ludwig Brav und Giuseppe Becce beim Berliner Traditionsverlag Schlesinger’sche Buch- und Musikhandlung herausgegeben wurde. Mit diesem Handbuch liegt die umfangreichste und bedeutendste Dokumentation der Musikpraxis des Stummfilms der Weimarer Republik vor. Die Edition ist in zwei Teile gegliedert, die zusammen 400 Seiten umfassen.
Im ersten Band wurden die verbreiteten Methoden der musikalischen Filmbegleitung an einer Reihe praktischer Beispiele theoretisch und ästhetisch diskutiert. Die angesprochenen Themen gehen weitgehend auf zuvor publizierte Zeitschriftenartikel zurück. Den Quellenkorpus dieses Buches bilden daher auch bislang wenig beachtete Texte in verschiedenen Branchenblättern (z.B. Filmtechnik, Film-Kurier, Film-Ton-Kunst, Reichsfilmblatt, Der Kinematograph, Licht-Bild-Bühne), musikwissenschaftlichen Zeitschriften (z.B. Melos, Die Musik) und Berliner Tageszeitungen, die die drängenden Fragen und Probleme der Filmbegleitmusik behandelten.
Der zweite Band der Edition enthält ein Nachschlagewerk präexistenter Kompositionen für die kompilatorische Filmmusikpraxis. In der Gegenüberstellung mit verschiedenen praxisorientierten Handbüchern für die Filmmusikschaffenden ihrer Zeit fokussiert dieses Buch schließlich auf die Konzeptionsweise des sogenannten „Thematischen Skalenregisters“ und zeichnet den Einfluss Hermann Kretzschmars Theorie der musikalischen Hermeneutik nach.
(Burkhard Götze, 35 Milimeter Retro Fimmagazin, Nr. 26, April 2018)
(Philippe Dériaz, Professional Production 7-8/ 2018)
Eine Studie über den Stellenwert der Filmmusik im musikalischen Diskurs der Weimarer Republik, über die Rolle des Filmmediums bei der Aktualisierung musikwissenschaftlicher Traditionen und über die musikalische Bedeutungsproduktion in – und außerhalb des Kinos.
(Eunice Martins, Filmblatt 64/65 2018)